Süddeutsche Zeitung

Bipolare Störung - Die Leere nach dem Sturm // Wenn Armin Kahlert seine Medikamente zählt, nutzt er seine Finger: »Ich nehme aktuell vier Psychopharmaka«, sagt der 51-Jährige.

Corona und die Justiz - Auf Abstand // Sie liest weiter aus dem Brief: »Die Treffen mit euch fehlen total. Einfach einmal im Monat mit Leuten reden, die uns so nehmen, wie wir sind.« Auf der Station für Sexualstraftäter im Stadelheimer Gefängnis leiden die Inhaftierten unter den strengen Corona-Vorschriften.

»Im Knast war alles besser« // Als Wolfgang Bürs vor neun Jahren inhaftiert wurde, war Sommer. Jetzt steht er bei eisiger Kälte im T-Shirt vor den Toren der Haftanstalt Stadelheim und weiß nicht wohin. Deutschland befindet sich im Lockdown.

Spiegel

Body-Image-Aktivistin Melodie Michelberger - »Ich wiege mich nicht mehr« // »Als Frau ist man es gewohnt, dass der eigene Körper ständig unaufgefordert kommentiert wird. Seitdem ich dick bin, passiert es mir sehr häufig, dass ich wildfremden Menschen meine Gesundheit beweisen muss.«

Abtreibungsversuche mit dem Kleiderbügel // In Malta leben rund 500.000 Menschen. Gefühlt kenne jeder jeden, sagt Lusy. Wer abtreibt, wird sozial geächtet und verurteilt. Immer wieder bittet Lusy darum, in diesem Text nicht erkennbar zu sein. Sie hat Angst vor einer Gefängnisstrafe.

taz

Belästigung in der Fahrschule - In der Falle // Beim Gangeinlegen habe seine Hand oft Emmas Oberschenkel berührt. Einmal habe er sie auf einen Waldparkplatz fahren lassen, mitten im Nirgendwo. »Das fand ich gruselig. Ich dachte: Hier hört mich keiner.«

Böses Blut // Zugang zu Periodenprodukten heißt Zugang zur sozialen Teilhabe. Frauen und Mädchen, die sich keine Tampons leisten können, bleiben Arbeit oder Schule tagelang fern. Sie werden bestraft und stigmatisiert für einen natürlichen körperlichen Vorgang.

#DoublePeine Sexualisierte Gewalt - Der doppelte Schmerz // Jede dritte Frau in Deutschland ist von physischer und/oder sexualisierter Gewalt betroffen, doch nur etwa jedes zehnte Opfer erstattet laut Studien Anzeige. Was hält sie davon ab?

Gegen den Druck - Retuschierte Fotos kennzeichnen // Zwei perfekte Frauen ohne Pickel, ohne Falten, ohne Sorgen – denkt man, wenn man diese Anzeige auf der Straße sieht. Die zwei kleinen Wörter in der unteren rechten Ecke übersieht man leicht. Kaum lesbar steht da: »retuschiertes Foto«.

Journalistinnen über MeToo-Recherchen - »Sexismus ist branchenunabhängig« // »Es gibt repräsentative Umfragen zu sexueller Belästigung am Arbeitsplatz, die zeigen, dass viele Frauen so etwas erleben. Das sind Anknüpfungspunkte, wo man sagen kann: Sexismus gibt es nicht nur in den Bereichen, über die wir mehr schreiben.«

Apollon Dossier

Reduzieret euch! // Weniger haben, mehr sein und Schluss mit Überfluss. Aufräumen gegen Anarchie. Zurück zum Ursprung also. Wir ordnen uns die Seele heil, denn Minimalismus macht müde Multiperformer munter. Oder?

Sauber bleiben // Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie diese Anleitung zur Reinheit in der Nähe eines Waschbeckens. Bitte unterbrechen Sie die Lektüre in regelmäßigen Abständen durch das Waschen der Hände für mindestens zwanzig Sekunden.

ZEITmagazin

Fernbeziehung im Ukraine-Krieg I // Nastya: Wie war dein Tag? Ich unterhalte hier die Kinder. Egor: Ich habe heute geschossen. Ich bin müde. Alles ist gut. Nastya: Gut. Wir sind so stolz auf dich.

Fernbeziehung im Ukraine-Krieg II // Nachts liegt Egor oft wach neben Nastya. Auch wenn er körperlich da ist, wirkt er geistig abwesend. Sein Blick schweift immer wieder ins Leere. Er sagt: »Der Krieg ist immer hier mit mir.«

Flucht aus der Ukraine // »Es war einfach zu schwer zu entscheiden, was man mitnimmt, wenn man nicht weiß, ob man jemals zurückkehren wird.«

Fotografin Sarah van Rij - »Ich sehe mich als eine Nomadin« // »Schon als Kind war ich sehr traurig, wenn wir aus dem Urlaub wieder nach Hause fuhren. Ich wollte nicht zurückkehren in die Schule und die Routine des Alltags.«

Glitzer aus Kiew // »Es ist surreal und belastend, Haute Couture für Beyoncé herzustellen, während mein Land im Krieg ist und jeden Tag Leute von uns an der Front sterben.«

Kein Zurück - Iranische Künstlerinnen // »Im Iran ist der Glaube daran, dass die Zukunft Gutes bringt, allgegenwärtig und eine zentrale Säule der Gesellschaft. Er erhält die Menschen am Leben.«

Kennen Sie dieses Poster? // »Die Toiletten-Szenen sind nachts in Downtown-New York entstanden, im Jahr 2001. Darauf sieht man meine damaligen Freunde und mich. Gabriel zum Beispiel mimt den Cop, der einen Blowjob genießt. Ich bin die mit den dunkelbraunen Haaren, pinkelnd im ersten Bild links oben.«

Morden im Norden // Das Phänomen Klaus-Peter Wolf lässt sich ungefähr so zusammenfassen: Ein 69-jähriger gebürtiger Gelsenkirchener schreibt Ostfriesland-Krimis in Rekordgeschwindigkeit, mindestens zwei Bücher pro Jahr. Das Feuilleton ignoriert ihn, die Massen vergöttern ihn.

Söders Rösser // Hoch oben thronen die Beamten in ihren Sätteln und wippen ihr Becken im Takt des Pferdeschritts, schweben über dem Geschehen. Das also muss die Erhabenheit sein, von der Söder sprach. Über den Reitern strahlt der Himmel in den bayerischen Landesfarben: Das tiefe Blau zieren vereinzelte Schönwetterwolken.

ZEIT

Adé, SPD // In Emden in Ostfriesland, im äußersten Nordwesten Deutschlands, endet so einiges. Die A 31. Das Festland. Niedersachsen. Der rote Regionalzug, der aus Hannover kommt und 16-mal hält, bevor er Emden erreicht. Und möglicherweise auch die Volkspartei SPD.

»Der Aktivismus war mein Zuhause« // Am 6. August 2024 verkündete die »Letzte Generation Österreich« ihr Ende. In einem offenen Brief steht: »Wir sehen keine Perspektive für Erfolg mehr.« Bianca Müllers Zuhause existiert nicht mehr. Sie sagt: »Ich will nicht zurück in mein altes Leben.«

Eine kleine Zelle, ein ganzes Leben // Sie zieht ein DIN-A4-Blatt aus ihrem grauen Rucksack heraus. »Kinderwunsch seit 2015« steht da in Verdana-Lettern. Darunter ordentlich abgetippt eine Chronik, die sie jeder neuen Ärztin in jeder neuen Klinik wieder und wieder erzählt.

Fahrschulinternat - Beschleunigtes Verfahren // Mitten in der thüringischen Stadt Gera glänzt ein bis in die letzte Sitzecke durchgestylter Fahrschul-Campus: die Fischer Academy, eine Kreuzung aus Design-Jugendherberge und Rund-um-die-Uhr-Fahrschule.

Fotografin Myriam Boulous - »Schaut her, wir haben Körper, wir mögen Sex!« // »Uns Frauen wird von klein auf beigebracht, so wenig öffentlichen Platz wie möglich einzunehmen, beinahe zu verschwinden. [...] Meine Fotos sagen: Nein, so geht das nicht.«

Frau Schulz gegen die Einsamkeit // Katharina Schulz ist ein Menschen-Mensch. Man will sich ihr anvertrauen. »Aber ich bin ja keine Sozialarbeiterin und auch keine Psychologin.« Als erste Einsamkeitsbeauftragte Deutschlands ist sie für die Administration zuständig: Einsamkeit wegorganisieren am Computer.

Stilblüten - Dichter auf der Bundesgartenschau // Die Buga ist, na ja, ein Kulturgut und als solches etwas in die Jahre gekommen. Da geht es ihr wie der Dichtung, könnte man ein wenig fies sagen. Und dieses Jahr kreuzen sich nun also beide, und es erscheint: der Buga-Dichter.

»Thüringen liegt nicht im Sterben« // Ratsch. Ratsch. Ratsch. In der tiefen Abendsonne öffnen die Wahlhelfer die knallgrünen Umschläge mit den Stimmzetteln. Die Zettel werden laut verlesen, sortiert und aufeinandergeschichtet. Nicole Herzog atmet schwer aus. Sie liest und seufzt: »AfD.«

ARD

Ausgebremst - Jugend in Pandemie-Zeiten // »Im Lockdown ging es mir schlecht. Am Anfang habe ich noch versucht, das irgendwie hinzukriegen, aber je länger wir aus der Schule weggeblieben sind, je länger meine Struktur weggefallen ist, desto schlechter ging es mir. Das wurde sehr schnell zu einer Abwärtsspirale.«

@nolosophie